31.10.18: Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO)
Ergänzt am 14.12.18: Bundesrat erhebt keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf
Das Bundeskabinett hat am 31. Oktober 2018 dem Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO)“ zugestimmt. Künftig soll es u.a. mehr Zeit und Geld für die Kliniken bei der Organspende geben und die Befugnisse der Transplantationsbeauftragten ausgeweitet werden. Das Gesetz soll voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2019 in Kraft treten. Dies teilte das Bundesgesundheitsministerium in einer Presseaussendung mit.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärte darin zum Kabinettsbeschluss: „Das Hauptproblem bei der Organspende ist nicht die Spendebereitschaft. Die hat in den vergangenen Jahren sogar zugenommen. Ein entscheidender Schlüssel liegt vielmehr bei den Kliniken. Ihnen fehlen häufig Zeit und Geld, um mögliche Organspender zu identifizieren. Da setzen wir jetzt ganz konkret an. Losgelöst von der grundsätzlichen Debatte zur Widerspruchslösung sollten wir das Gesetz zügig beraten und beschließen. Denn es wird Leben retten. Das sind wir den zehntausend Menschen schuldig, die auf ein Spenderorgan warten.“
Regelungen des Gesetzentwurfs im Einzelnen:
Künftig soll es verbindliche Vorgaben für die Freistellung der Transplantationsbeauftragten geben. Konkret soll die Freistellung auf der Grundlage der Anzahl der Intensivbehandlungsbetten in den Entnahmekrankenhäusern für einen definierten Stellenanteil von 0,1 Stellen je 10 Intensivbehandlungsbetten erfolgen. Hat ein Entnahmekrankenhaus mehr als eine Intensivstation, soll für jede dieser Stationen mindestens ein Transplantationsbeauftragter bestellt werden. Der Aufwand wird vollständig refinanziert, die korrekte Mittelverwendung durch die Entnahmekrankenhäuser ist nachzuweisen.
Die Rolle der Transplantationsbeauftragten in den Kliniken wird bei Verabschiedung des Gesetzes deutlich gestärkt. So sind künftig Transplantationsbeauftragte auf den Intensivstationen hinzuzuziehen, wenn Patienten nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen. Zudem erhalten sie Zugangsrecht zu den Intensivstationen. Den Transplantationsbeauftragten sind alle erforderlichen Informationen zur Auswertung des Spenderpotentials zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren sind sie für die fachspezifische Fort- und Weiterbildung freizustellen. Die Kosten dafür sollen die Kliniken tragen.
Mehr Geld für Entnahmekrankenhäuser
Des Weiteren soll es mehr Geld für die Entnahmekrankenhäuser geben. Sie sollen künftig für den gesamten Prozessablauf einer Organspende besser vergütet werden. Sie sollen mit dem neuen Gesetz einen Anspruch auf pauschale Abgeltung für die Leistungen erhalten, die sie im Rahmen des Organspendeprozesses erbringen. Zusätzlich sollen sie einen Zuschlag in Höhe des Zweifachen der berechnungsfähigen Pauschalen erhalten als Ausgleich dafür, dass ihre Infrastruktur im Rahmen der Organspende in besonderem Maße in Anspruch genommen wird.
Kleinere Entnahmekrankenhäuser sollen durch qualifizierte Ärzte unterstützt werden. Konkret soll bundesweit bzw. flächendeckend ein neurologischer/neurochirurgischer konsiliarärztlicher Rufbereitschaftsdienst eingerichtet werden. Dieser soll gewährleisten, dass jederzeit flächendeckend und regional qualifizierte Ärzte bei der Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls zur Verfügung stehen. Die TPG-Auftraggeber (GKV Gesetzliche Krankenversicherung-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft und Bundesärztekammer) werden mit dem neuen Gesetz verpflichtet, bis Ende 2019 eine geeignete Einrichtung mit der Organisation dieses Bereitschaftsdienstes zu beauftragen. Potentielle Organspender sollen besser erkannt und erfasst werden.
Flächendeckendes Berichtssystem bei der Spendererkennung und Spendermeldung
Mit der Einführung eines klinikinternen Qualitätssicherungssystems werde die Grundlage für ein flächendeckendes Berichtssystem bei der Spendererkennung und Spendermeldung geschaffen. Dabei sollen die Gründe für eine nicht erfolgte Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls oder eine nicht erfolgte Meldung an die Koordinierungsstelle (DSO) intern erfasst und bewertet werden. Die Daten sollen von der Koordinierungsstelle ausgewertet werden. Die Ergebnisse sollen dann den Entnahmekrankenhäusern und den zuständigen Landesbehörden übermittelt und veröffentlicht werden.
Abläufe und Zuständigkeiten sollen künftig klar und nachvollziehbar dokumentiert werden. Die Kliniken müssen zukünftig verbindliche Verfahrensanweisungen erarbeiten, mit der die Zuständigkeiten und Handlungsabläufe für den gesamten Prozess einer Organspende festgelegt werden.
Auch die Angehörigen von Organspendern sollen besser betreut werden. Mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung zur Angehörigenbetreuung soll insbesondere der Austausch von anonymisierten Schreiben zwischen Organempfängern und den nächsten Angehörigen der Organspender klar geregelt werden. Ein solcher Austausch sei für viele Betroffenen von großer Bedeutung.
Kritik der Deutschen Stiftung Patientenschutz am Gesetzenturf zur Änderung des Transplantationsgesetzes
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, übte scharfe Kritik am Kabinettsbeschluss des Gesetzentwurf zu Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO).
„Ohne Zweifel ist es wichtig, die Organisation und Strukturen der 1250 Krankenhäuser mit Intensivstation zu stärken. Denn nur hier können mögliche Organspender erkannt und gegebenenfalls gemeldet werden. Jedoch müssen dabei stets die Patientenrechte gewahrt bleiben. Deshalb ist nicht zu akzeptieren, dass Transplantationsbeauftragte schon vor der Feststellung des Hirntodes uneingeschränkt Einsicht in die Patientenakten nehmen dürfen. Das ist ein schwerer Eingriff in den Datenschutz und die Bürgerrechte von schwerstkranken Menschen“, warnte Brysch in einer Pressemitteilung vom 31.10.18.
Der Bundestag müsse im Gesetz daher klarstellen, dass hier Patientenakten nur mit Zustimmung des Betroffenen oder seines Bevollmächtigten eingesehen werden dürfen. Ebenso gehe der Gesetzentwurf bei der Trauerbegleitung an den Bedürfnissen der Angehörigen vorbei. „Sie werden in dieser besonderen Situation mit ihren Ängsten und Sorgen allzu oft alleingelassen. Dabei sind sie es, die in der Regel die Organspende erst ermöglichen. Der Kabinettsbeschluss sieht jedoch kein dauerhaftes seelsorgerisches Angebot vor“, so Brysch.
Nachvollziehbar sei, dass rückwirkend Daten von möglichen Organspendern in den Krankenhäusern gesammelt und bundesweit ausgewertet werden sollen. „Dem Gesetzgeber muss jedoch klar sein, dass eine solche Maßnahme nicht zur Vertrauensbildung in den Entnahmekrankenhäusern beiträgt. Dabei ist gerade das fehlende Vertrauen auch des Klinikpersonals in das Transplantationssystem ein Kernproblem der aktuellen Krise“, gab er zu bedenken.
Ergänzung 14.12.18: Bundesrat erhebt keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf
Nach Art 76 Absatz 2 des Grundgesetzes sind Vorlagen der Bundesregierung zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen.
Die Länderkammer hat in der 973. Sitzung am 14. Dezember 2018 beschlossen, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben. Dies hatte zuvor der federführende Gesundheitsausschuss und der Innenausschuss dem Bundesrat empfohlen. Damit ist der 1. Durchgang im Bundesrat abgeschlossen.
Weitere Informationen:
Zweites Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende
Gesetzentwurf der Bundesregierung, im Bundeskabinett beschlossen am 31.10.18
(41 Seiten im PDF-Format)
Bundesrat Sitzung 14.12.18: (Drucksache 547/18) Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende
Dort mit den zugehörigen Drucksachen und Beschluss